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Die Online-Burka

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So sehen die anonymen Trolle zuhause vor dem Rechner aus.

So sehen die anonymen Trolle zuhause vor dem Rechner aus.

«Viele dieser rechten Hasskommentare sind anonym. Das ist doch eigentlich nichts anderes als eine virtuelle Burka», fiel einem Freund letzthin auf. Und wirklich, viele der übelsten Kommentare im Netz kommen von Menschen, die ihr Gesicht nicht zeigen und ihren Namen nicht zu erkennen geben wollen. Gerade bei der Burka-Diskussion wurden die widerlichsten Einträge von Fake-Accounts und Fantasienamen abgesetzt.

Diese Feiglinge sind Täter. Sie benutzen ihre Online-Burka, um anderen Menschen Schlechtes zu wünschen und sie zu verletzen. Und mir wurde klar, dass diese Typen von sich auf andere schliessen: Sie gehen davon aus, dass Menschen, die ihr Gesicht verhüllen, grundsätzlich so bösartig sind, wie sie selbst. Sie gehen davon aus, dass Anonymität dazu da ist, andere Menschen zu verletzen und seine widerlichste Seite zu zeigen.

Anonymität bedeutet bis zu einem gewissen Grad Schutz. Man stellt sich nicht aus, man gibt kein Ziel ab. Das ist in verschiedenen Fällen durchaus berechtigt: So kann man sich die Ex-Frau, den Stalkerfreund oder den Chef vom virtuellen Hals halten. Wer aber aus dem Versteck verbal feige auf andere schiesst, ist nichts anderes als ein mieser Heckenschütze. Jemand, der nicht den Mut hat, mit dem eigenen Gesicht zu seiner Meinung zu stehen.

Witzig ist, dass dieser Schutz zum Beispiel in dem Kommentarfeeds dieses Blogs nicht wirklich funktioniert.

Erstens richten sich die Antworten nicht an einen unbekannten Namen, sondern an die Person dahinter. Wenn ich also jemanden «Voll******* oder Ar*******» nenne, wenn ich ihn mit Argumenten alt aussehen lasse oder – am Häufigsten – ihn einfach für seinen Kommentar auslache, dann meine ich nicht den falschen Namen oder die erfundene Email-Adresse, dann meine ich die Persönlichkeit dahinter. Wie sie sich nennt, ist mir völlig egal. Und das trifft durch alle Fakeprofile hindurch die Person.

Zweitens können die meisten Admins von privaten Homepages die IP-Adresse der Benutzer einsehen und, wenn sie wollen, mit Echtzeit-Analytics meistens den Ort des Zugriffs erkennen. Ich persönlich mach das nur, wenn mir wieder mal ein paar feige Fussballfans anonym den Tod wünschen oder meine Familie bedrohen.

Aber zurück zur Burka: Grundsätzlich ist nichts gegen anonyme Accounts einzuwenden. Solange Sie nicht für Hetze und Hass benutzt werden. Dann würde sogar ich, als Gegner des Burkaverbots, anonyme Accounts – also virtuelle Burkas oder Niqabs – verbieten. Sie verursachen in unserer Gesellschaft viel mehr Leid und Verletzungen als die paar verschleierten, übertrieben religiösen Frauen, die in der Kriminalstatistik nicht mal mit Ladendiebstahl auffallen.

Aber halt! Die meisten, die fürs Burkaverbot waren, haben ja auch fürs neue Nachrichtendienstgesetz gestimmt. Eigentlich nur konsequent, da sie damit ja quasi ihr eigenes, virtuelles Burkaverbot durchgesetzt haben. Niemand ist mehr wirklich anonym. Und bei Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm, bei Ehrverletzung oder Verdacht auf Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Gruppierung, können unsere Sicherheitsbeamten ja leicht den Schleier lüften, ohne erst mühsam mit Facebook & Co verhandeln zu müssen.

Ach, ich liebe ironische Gerechtigkeit.

Der Beitrag Die Online-Burka erschien zuerst auf Stadtblog.


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