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Zürich bleibt digitale Steinzeit

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Am Hauptbahnhof ist das Handynetz in den Stosszeiten regelmässig am Limit. Bild: Reda El Arbi

Am Hauptbahnhof ist das Handynetz in den Stosszeiten regelmässig am Limit. Bild: Reda El Arbi

Die Schweiz ist das Land mit der höchsten Smartphone-Dichte der Welt. Und, wenn man Tram fährt und all die iPhones, Galaxys und vereinzelte Blackberrys sieht, weiss man, dass der grösste Teil dieser Smartphones wohl in Zürich unterwegs ist.

Nun, so weit, so zeitgemäss. Damit aber ein Smartphone «smart» sein kann, brauchts Internetverbindung, sonst hat man einfach ein sauteures Telefon, das eben nur telefonieren kann.  Und da haperts schon in der Stadt mit einem der weltweit höchsten Lebensstandards. Nirgends gibts freies WLAN.

Entweder man hat eine Flatrate für sein Handy, oder man muss dauernd rechnen, wieviel der Zugriff aufs Netz wohl kostet. Für Erwachsene, die entweder gut verdienen oder die Handyrechnung vom Arbeitgeber bezahlt kriegen, ist das auch nicht so ein Problem. Anders siehts da schon für die Kids aus, die als «Digital Natives» ihre sozialen Kontakte natürlich übers Internet pflegen und ihre Handyrechnung mit dem Taschengeld bezahlen müssen. Oder für Touristen, bei denen eine Roaminggebühr anfällt. «Kein freies WLAN, nicht mal in der Innenstadt, und mit den Roaminggebühren für drei Minuten kann ich in London eine Woche online gehen», beschwerte sich ein Freund aus London.

Auch bekommt man zu Stosszeiten, also zwischen 17.30 und 19.30 Uhr, zum Beispiel am Hauptbahnhof, nur eine sehr langsame Verbindung oder gar keinen Netzzugang, egal bei welchem Anbieter.

Was Hongkong, Seoul oder Luzern auf die Reihe kriegen, nämlich öffentliche, gebührenfreie Internetzugänge, scheint in Zürich keine Priorität zu haben. «Die Zürcher haben Angst vor Strahlung» heisst es jedesmal, wenn das Thema im Stadtrat zur Sprache kommt. Was eigentlich totaler Schwachsinn ist, da die Infrastruktur, und damit die Strahlung, bereits in der Stadt ist. (Verglichen mit dem Handynetz ist die Strahlung übrigens vernachlässigbar). Es gibt nämlich mit «Monzoon» und «freeonline.ch» schon flächendeckende WLAN-Spots – nur ist der Eine sauteuer und beim Anderen kann man nur Seiten der Werbepartner ansurfen.

Zürich schiebt die Verantwortung den Privaten zu. Sollen die doch Gratis-Internet einrichten. Das hat nur einen Haken. Mit Gratis-Internet lässt sich nämlich kein Geld verdienen. Es ist schon fast unmöglich, mit einem Internet-Cafe in Zürich Geld zu machen. Mit einem Gratis-WLAN ist es noch schwerer. Bombardiert man den Nutzer nämlich mit ungewollter Werbung, die Geld bringen würde, logt der sich ziemlich schnell wieder aus.

Die besten freien Internetzugänge werden uns in der Stadt von US-Food- und Cafe-Ketten wie Starbucks und McDonalds zur Verfügung gestellt. Ab und an gibts auch ein Zürcher Cafe, das freies Internet anbietet, wenn man da was konsumiert. Und wenn das dilettantisch eingerichtete Netz gerade läuft. Das kann doch nicht der Standard einer Wirtschaftsmetropole sein … Naja, wenigstens kriegt man jetzt seit Dezember am Flughafen eine Gratis-Netverbindung. Für eine Stunde. Danach kostets 7 Stutz die Stunde.

Im Mittelalter habe die Städte Brunnen eingerichtet, an denen sich die Bürger gratis sauberes Wasser holen konnten. Das war wichtig für das städtische Leben, für die vielen Handelsreisenden und gehört noch heute zur Grundversorgung. Heute ist Internetzugang ein Grundbedürfnis und der Zugang zu Informationen eine der Lebensadern des sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Nur, wir Zürcher leben da wohl noch in der Steinzeit.


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